28.01.2015
Weihbischof Wübbe über Wege zu einer modernen Kirche
Die Kirche ist kein Babysitter
Kirche entwickelt sich weiter. Sie muss Abbrüche auch als Umbrüche begreifen, um endlich zum Aufbruch zu gelangen. Darüber sprach Weihbischof Johannes Wübbe im Forum am Dom und ging dabei auch auf seinem Wahlspruch „Voll Hoffnung glauben" ein. Wübbe ist jetzt seit knapp eineinhalb Jahren im Amt.
![]() |
Für den Umbau der Kirche müssen Gläubige selbst aktiv werden anstatt auf Betreuung zu warten. Weihbischof Wübbe begrüßt es, wenn Gemeindemitglieder Eigeninitiative zeigen. Foto: istockphoto |
Isabel Stempen sucht sich einen der letzten freien Plätze im Forum am Dom. „Ich bin heute hier, weil mich das Thema „Voll Hoffnung unterwegs“ angesprochen hat. Die Fragen, die beantwortet werden sollen, haben ja einen sehr starken Aktualitätsbezug“, sagt die 26-jährige Theologiestudentin aus Vechta.
Wübbe fasst die wesentlichen Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965 zusammen. Die damaligen Fragen seien im Bezug zu Krieg und Terrorismus immer noch aktuell. Die Kirchenmitglieder sind laut Wübbe in Hinblick auf pauschale Antworten, wie sie etwa die Pegida-Bewegung anbietet, umso mehr gefordert, mit dem Konzil als Grundlage nach Lösungen zu suchen. „Ich möchte mich heute einfach mal auf ausgewählte Impulse einlassen, die das Konzil für die Weiterentwicklung der Kirche gegeben hat, und sie auf unsere aktuelle Situation beziehen“, sagt der Weihbischof.
Wübbe verweist auf einen nötigen Perspektivenwechsel zwischen Kirche und Welt. „Speziell für uns in Deutschland heißt das für kirchlich engagierte Menschen, dass wir uns neu verstehen müssen von der Grundsituation der Diaspora her. Glaube darf sich gar nicht einfach an eine bestimme Sozialform binden, sondern sollte wie ursprünglich gedacht eine Botschaft für alle Menschen haben.“
Wübbe unterstützt die Ansicht, dass Kirche sich nur dann erneuert, wenn sie sich nach außen wendet. Das hieße zum Beispiel, aktiv dafür zu sorgen, Themen wie Flüchtlingspolitik oder Pegida zu besetzen, die Würde des Menschen durch intensivere Pflege- oder Trauerpastoral zu schätzen oder etwa wiederverheiratet Geschiedene zu beraten. „Hier müssen Kirchengemeinden und Beratungsstellen noch intensiver zusammenarbeiten“, schlägt Wübbe vor.
![]() |
Weihbischof Johannes Wübbe sprach vor etwa 100 Zuhörern. Foto: Lisa Mathofer |
Gemeindearbeit muss jeder mit seinen Talenten aktiv umsetzen
Wie genau diese Hilfe im Einzelnen zu leisten ist, erklärt er mit der Basis der von Gott gegebenen Charismen, der besonderen Fähigkeiten und Talente. „Diese müssten in die Kirchenentwicklung einbezogen und fruchtbar gemacht werden. Weg von einer nur aufgabenorientierten hin zu einer gabenorientierten Pastoral“, erklärt Wübbe diesen Perspektivenwechsel. Man müsse sich von Traditionen lösen, von dem Gedanken: „Das haben wir schon immer so gemacht“. Gemeindearbeit vor Ort muss laut Wübbe also jeder Einzelne mit seinen Talenten aktiv umsetzen. „In unserem Bistum haben wir in den letzten Jahren schon viel dafür getan.“
Wübbe schlägt vor, dass eine moderne Kirche, die sich weiter an die Wegweiser des Konzils hält, auch von Armut geprägt sein sollte. Dabei sei Armut im Sinne Jesu keineswegs Elend, sondern eine spirituelle Lebenshaltung, ein einfacher Lebenstil. Eine arme Kirche könne allerdings nur existieren, „wenn sie mitten in der Welt unterwegs ist“. Wübbe betont: „Hier liegt die entscheidende Richtungsanzeige: Es braucht die Bereitschaft zum radikalen Umbau unseres Lebens und der Kirche nach dem Vorbild Jesu, wie ihn das Zweite Vatikanum angestoßen und vorgedacht hat.“
Wübbe betont immer wieder, wie wichtig es bei diesem Umbau ist, selbst aktiv zu sein: „Papst Franziskus hat nach seinem Amtsantritt vor einer „Babysitter-Kirche“ gewarnt, in der die Gläubigen passiv bleiben und auf Betreuung warten.“
Die Zukunftsprognose des Weihbischofs ist also trotz Kritik positiv: „Ich freue mich, wenn wir so dialogisch, hoffnungsvoll Kirche sind, für die Menschen, für die Welt, für die Kirche und Mut und Glauben behalten.“
Lisa Mathofer