06.08.2014

Kaffee trinken und dabei Gutes tun

Nächstenliebe leicht gemacht

Cappuccino, Espresso, Latte Macchiato oder doch lieber ein Milchkaffee? Gern auch mit Milch und Zucker. Alles kein Problem für die Inhaber Carlos Tomás und Tim Riemann. Das Besondere in ihrem gemütlichen „Kaffee 1871“: Man kann Gutes tun und dabei Kaffee trinken.

 

Sind seit März ein Team: Die beiden Geschäftsinhaber (hinten) und ihre Angestellten Milena Ramke (vorne rechts) und Marie Julie Berfknecht.

Carlos Tomás legt den Schalter um und im Inneren der Maschine leuchtet ein Strahl aus Gas hell auf. Mit gekonnten Griffen bedient er die Kurbel und schnell durchflutet der Geruch von frisch geröstetem Kaffee den Laden von Carlos Tomás und Tim Riemann. „Es hat schon das gewisse Etwas, wenn der 5-Kilo-Giesen-Röster zum Einsatz kommt und wir live Kaffee herstellen können“, erzählt Inhaber Tomás stolz. Gemeinsam mit seinem Kollegen Tim Riemann betreibt er das „Kaffee 1871“ im Herzen Osnabrücks. Was die beiden Kaffeespezialisten aber mit ihrem Kaffee bewirken, geht weit über den üblichen Genuss hinaus.

Wer ihr Geschäft betritt, kann neben den üblichen Kaffeesorten eine ganz spezielle entdecken: „Caffé sospeso“ oder auch suspended coffee – also aufgeschobener Kaffee. „Das Prinzip ist ganz einfach“, erklärt Riemann. „Zwei Tassen Kaffee bezahlen, nur eine trinken und damit einem Bedürftigen ein warmes Getränk spendieren.“

Die Idee kam den beiden Unternehmern Tomás und Riemann über das soziale Netzwerk Facebook. Hier tauschen sich seit Jahren Café-Inhaber über den „Caffé sospeso“ aus. Damit gehören sie deutschlandweit zu den 18 Teilnehmern der Aktion. „Wir fanden die Idee, anderen etwas Gutes zu tun, einfach super. Und ein warmes Getränk tut Obdachlosen besonders im Winter einfach gut“, sagt Riemann.

Wo Mittel fehlen, zählen Gesten. Und bei den Kunden kommt das an. „Viele sehen das Plakat am Tresen und fragen, worum es sich handelt“, erklärt Carlos Tomás. „Viele kennen das Prinzip schon, besonders junge Menschen beteiligen sich daran und lassen dann tatsächlich einen Kaffee aufschieben“, sagt der gebürtige Portugiese. Bisher kommen an kalten Tagen vier Kunden pro Woche, die sich einen „Caffé sospeso“ abholen. Bedürftige bekommen auf diese Art nicht nur etwas Warmes zu trinken, sondern nehmen auch am gesellschaftlichen Leben teil. Sie können sich ins Café setzen, unter Menschen sein.

Das Armutsproblem generell kann der Kaffee nicht lösen

Carlos Tomás hofft, dass in Zukunft noch viel mehr Gastronomen aus ganz Deutschland ähnlich denken. „Viele Menschen werden oft viel zu schnell verurteilt, wenn sie sich manche Dinge nicht leisten können. Dabei arbeiten viele den ganzen Monat, und das Geld reicht hinten und vorne nicht“, sagt Tomás. „Man sollte niemanden verurteilen, der in so einer Situation ist. Genau das versucht der „Caffé Sospeso“. Damit spricht es uns genau aus dem Herzen.“

Das Armutsproblem generell kann ihr Kaffee damit nicht lösen. Doch für die Inhaber Tomás und Riemann ist es eine Herzensangelegenheit, anderen Menschen zu helfen. „Mit unserer Geschäftseröffnung im März stehen soziale Projekte wie der „Caffé Sospeso“ im Vordergrund“, erzählt Carlos Tomas. Für jedes Kilogramm Kaffee, dass an Kunden und Händler verkauft wird, gehen 25 Cent an den Ambulanten Kinderhospizdienst in Osnabrück. „Wir wollten ein Projekt gezielt vor Ort ins Leben rufen. Etwas, das unsere Kunden kennen und mit dem sie sich identifizieren können“, fügt Tim Riemann hinzu. Für die beiden Unternehmer ist es darum auch ein persönliches Anliegen, mit ihrem Produkt anderen etwas geben zu können. „Unsere Leidenschaft haben wir zum Beruf gemacht. Warum sollen nicht auch andere etwas davon haben?“

IDass jede Form von Hilfe beim Kinderhospiz immer auch ein Segen ist, weiß Carlos Tomás aus eigenen Erfahrungen. Seit 2009 gibt es in Osnabrück den Ambulanten Kinderhospizdienst. Hier begleiten speziell geschulte Ehrenamtliche schwerstkranke Kinder und ihre Familien vom Zeitpunkt der Diagnose sowie über den Tod hinaus. „Jede Spende hilft, und wenn es neues Spielzeug für die Kinder ist. Da kommen in zwei Monaten schon mal 400 Euro zusammen“, verrät Carlos Tomás. Für die beiden Kaffeeliebhaber gehört es dazu, innovativ zu handeln und den Menschen zu helfen. Vielleicht ist ihr Konzept einfach eine nette Geste, die von innen wärmt. Auf jeden Fall ist es ein Kaffee mit Herz – nicht nur auf dem Milchschaum.

Anna Eckart