14.01.2022

Unter dem Schutz Gottes stehen

Segen erhalten und selber Segen sein

Ein auf die Stirn gezeichnetes Kreuz zum Abschied, ein Gebet vor dem Essen, ein gutes Wort für einen Kranken: Jeder Mensch kann für sich den Segen Gottes erbitten, jeder kann aber auch andere segnen. Das geht ganz einfach.

Die Kinder, die noch nicht zur Erstkommunion waren, können stattdessen einen Segen bekommen.

„An Gottes Segen ist alles gelegen“, heißt es, und diese Erkenntnis war früher noch stärker verbreitet. Den Türbalken alter Bauernhäuser ziert oft der Spruch „Der Herr segne dieses Haus und die da gehen ein und aus“. Das Bauernpaar stellte sich unter den Schutz Gottes, samt Gesinde und Vieh. Bei Flurprozessionen wurden die Felder gesegnet.

Heutzutage erfahren die Menschen die stärkende Wirkung des Segens, wenn er ihnen in speziellen Lebenslagen zugesprochen wird – als Reisesegen oder Krankensegen. Auch am Ende des Gottesdienstes wird ein Segen erteilt, und die Gläubigen sind gleichzeitig aufgefordert, hinauszugehen in die Welt und selbst ein Segen zu sein: Das Wort Segnen hat seine Wurzel im lateinischen „Bene dicere“, jemandem Gutes sagen, ihm gut zusprechen, ihm Mut zusprechen. Das können Christen jeden Tag selbst versuchen. Darüber hinaus gibt es weitere Situationen, in denen man um Gottes Segen bitten kann. Hier einige Beispiele:


Tischgebet
Eine gute Gelegenheit, die Bitte um Gottes Segen in den Alltag zu integrieren, ist ein Tischgebet. Viele kennen Folgendes noch: „Oh Gott, von dem wir alles haben, wir preisen Dich für Deine Gaben. Du speisest uns, weil Du uns liebst, drum segne auch, was Du uns gibst.“ Das können Sie ganz bewusst beten, wenn sich alle Familienmitglieder oder Mitbewohnerinnen am Tisch versammelt haben, um gemeinsam zu essen.


Selbst andere segnen
Sie können auch selbst andere segnen, von denen sie denken, dass sie Gottes Beistand brauchen können. Viele Eltern tun dies, wenn ihre Kinder morgens aus dem Haus gehen, sich aufs Fahrrad schwingen oder zur Bushaltestelle gehen. Sie zeichnen dem Kind mit dem Daumen ein Kreuz auf die Stirn und sagen „Der Herr segne dich.“ Das Kind fühlt sich gesehen, geliebt und beschützt. Denn auch hier gilt, was für den Schlusssegen im Gottesdienst gilt: Wir dürfen uns daran erinnern, dass der Herr uns seinen Segen zuspricht und uns begleitet. Das ist keine Magie wie bei Harry Potter, kann aber dennoch Stärke verleihen. Gott zaubert die gemeinen Klassenkameraden nicht weg, aber er hilft dem Kind, an ihnen vorbeizugehen, andere Freunde zu suchen, vielleicht Verbündete zu gewinnen.  


Segen für Paare
Besuchen Sie als Paar gemeinsam einen Segnungsgottesdienst für Paare. Viele Gemeinden bieten das zum Beispiel am Valentinstag für alle Verliebten an, ob verheiratet oder nicht, manchmal auch für gleichgeschlechtliche Paare. Die Gläubigen sollen ihre Beziehung unter den Segen Gottes stellen können. Oft gibt es auch Segensfeiern als Auffrischung ihrer Liebe am Ende eines Seminars für Silberpaare und Goldpaare.


Reisesegen
Den Reisesegen erhalten Gläubige oft vor einer Pilgerreise. Wenn sie als Mitglieder einer Pilgergruppe zusammen losfahren, wird zunächst ein Gottesdienst gefeiert, an dessen Ende der Reisesegen steht. Aber auch wer als Einzelpilger unterwegs sein will, kann vor Aufbruch ins Ungewisse einen Pfarrer, Diakon oder eine Seelsorgerin um den Reisesegen bitten. Auch Jugendliche, die für ein Freiwilligenjahr ins Ausland gehen, werden oft in einem Gottesdienst als Gruppe mit einem Reisesegen verabschiedet; es ist aber auch möglich, den Pfarrer der Heimatpfarrei um den Reisesegen zu bitten.


Krankensegen
Der Krankensegen ist nicht mit einer sakramentalen Handlung verbunden wie die Krankensalbung. Klinikseelsorgerinnen und -seelsorger können den Krankensegen am Krankenbett spenden, aber er kann auch innerhalb eines Gottesdienstes erteilt werden, zum Beispiel bei einer Krankenwallfahrt. Beim persönlichen Krankensegen legen Priester, Diakone oder andere aus dem Seelsorgeteam der Person, die den Segen empfängt, die Hände auf den Kopf und sprechen eine Segensformel. Manche Gemeinden bieten den persönlichen Krankensegen in einer Seniorenmesse an. In Anbetracht der Tatsache, dass auch jüngere Menschen erkranken oder unter einer chronischen Krankheit leiden können, ist es sinnvoll, den persönlichen Krankensegen regelmäßig anzubieten und zum Beispiel einmal im Quartal in einem abendlichen Werktagsgottesdienst zu spenden.


Flursegnung
Flurprozessionen, bei der die Felder und Äcker gesegnet werden, haben eine lange Tradition, sind aber inzwischen weniger geworden. Die jüngsten Dürrejahre und Flutkatastrophen haben die Menschen jedoch erinnert, dass eine reiche Ernte und ein gutes Leben mit der Natur nicht selbstverständlich sind. Flurprozessionen können heutzutage mit Gebeten für die Bewältigung des Klimawandels verbunden werden, zum Beispiel angelegt als Stationenweg. 
Die katholische Gemeinde St. Laurentius in Schledehausen (Kreis Osnabrück) hat zum Beispiel ihre traditionelle Flurprozession, die seit Jahrhunderten als Sakramentenprozession an Christi Himmelfahrt stattfand, auf den Sonntag vor Himmelfahrt verlegt. Unterwegs wird an drei Altären gebetet, am dritten Altar speziell für den Erhalt der Schöpfung. 


Haussegnung
Wer gebaut hat oder in eine neue Wohnung zieht, kann sein Haus oder Appartment segnen lassen, bevor die Nachbarn mit Brot und Salz zur Willkommensparty auftauchen. Mit einem Haus- oder Wohnungssegen werden sämtliche Räume, ihre Bewohner und alle, die dort ein- und ausgehen, unter den Schutz Gottes gestellt. Wenn Sie einen Priester oder Diakon für eine Haussegnung suchen, lohnt es sich, im nächstgelegenen Pfarrbüro nachzufragen. 


Segen für werdende Mütter
In einigen Gemeinden gibt es Segensfeiern für werdende Mütter, manchmal auf Initiative der Schönstattfamilie. Mit einer Segensfeier in der Pfarrkirche erreicht man aber oft nur die Mitglieder der Pfarrgemeinde. Im Bistum Essen bieten katholische und evangelische Kirche gemeinsam Segensfeiern für werdende Mütter an, zum Beispiel in der Kapelle des Städtischen Klinikums Solingen,  oft im Anschluss an eine Kreißsaalführung. Auch Segnungsfeiern für Familien mit Neugeborenen gibt es, ganz unabhängig, ob man sein Kind später taufen lassen will oder nicht.


Tiersegnung 
Oft finden Tiersegnungen im Oktober rund um den Franziskustag statt, weil der heilige Franziskus als Patron der Tiere gilt. Die Tiere werden als Mitgeschöpfe des Menschen gesegnet, ihre Besitzer nehmen mit Hunden, Katzen oder Hamstern an der Segnung teil. Früher wurden auf Bauernhöfen die Nutztiere gesegnet, denn Wohl und Wehe des Hofes hingen von der Gesundheit von Vieh und Pferden ab.

Andrea Kolhoff, Florens Böwering